Dr. Frank Gredel bei „So klingt Wirtschaft“ – dem Business-Talk der Handelsblatt Media Group Solutions
Dieser zukunftsträchtigen Frage geht Dr. Frank Gredel, Head of Business Development bei der PTA IT-Beratung in Mannheim, im Handelsblatt-Podcast „So klingt Wirtschaft“ auf den Grund. Dabei sind die Antworten auf diese vergleichsweise einfache Frage alles andere als trivial. Fest steht, dass der Einsatz von Software fast die Hälfte der Treibhausemissionen eines Unternehmens verursacht. Darüber sind sich viele Entscheider und Unternehmensverantwortliche noch nicht bewusst. Stattdessen denken sie in diesem Zusammenhang noch immer an effiziente Hardware, grüne Rechenzentren. An effiziente Softwareprogramme hingegen denken dabei noch immer die wenigsten. Dabei kann Grünes Programmieren, auch Green Coding genannt, Softwareprogramme, Apps und Algorithmen umweltfreundlicher machen. Green IT, also das Bestreben, etwa im Einsatz befindliche Laptops, PCs und Smartphones über ihren Produktlebenszyklus hinweg umwelt- und ressourcenschonend zu nutzen, greift in dieser Betrachtung längst zu kurz. Insbesondere vor dem Hintergrund der EU-Taxonomieverordnung und sich global verschärfender gesetzlicher Vorgaben in Sachen Nachhaltigkeitsreporting.
In der nachhaltigen Entwicklung von Software schlummert riesiges Potenzial
Es ist unbestritten, dass das Mindset in Unternehmen in vielen Fällen noch immer ein althergebrachtes ist: Etwa alle drei bis fünf Jahre tauschen diese ihre Laptops, Desktop-PCs und Smartphones aus. Und allzu oft steigen mit jedem Softwareupdate auch die Systemanforderungen an die Endgeräte, sodass die eigentlich noch funktionsfähige Hardware nach vergleichsweise kurzer Zeit erneuert werden muss. In der IT-Fachsprache heißt dieser Prozess „geplante Obsoleszenz“. Green IT sorgt in diesem Zyklus dafür, dass die eingesetzte Hardware von der Herstellung über die Nutzung bis hin zur Entsorgung möglichst wenig Ressourcen beansprucht. Wie aber verhält es sich mit den Softwareprogrammen, IT-Lösungen und Apps, hinter denen Millionen Zeilen von Programmiercode stecken und die wir tagein, tagaus nutzen, ohne zu hinterfragen, welche Emissionen hierdurch zustande kommen? Schließlich verursacht jede Suchanfrage, jede mobile App und jeder Büroserver, der unterschiedliche IT-Anwendungen vernetzt bereitstellt, Energie und damit Treibhausgase. Im Bestreben, diese nachhaltig mittels Green Coding zu reduzieren, schlummert großes Optimierungspotenzial: Denn Grünes Programmieren verfolgt das Ziel, während des gesamten Softwareentwicklungsprozesses Ressourcen und Treibhausgasemissionen einzusparen.
Aber: Das Mindset in den Unternehmen muss sich ändern
Eine große Herausforderung, die Frank Gredel im Podcast darlegt, sei dabei, dass in das Bewusstsein aller Verantwortlichen treten müsse, dass im Grunde jede einzelne Programmzeile zählt. Wenn viele Anwender eine IT-Lösung intensiv nutzen, dann erzeugt jede Zeile Code riesige Skalierungseffekte. Neuesten Studien zufolge könnte eine konsequente grüne Softwareentwicklung, die Ressourcen schont und CO2-Emissionen senkt, dazu beitragen, dass sich der weltweite Strombedarf in der IT-Branche um 20 Prozent senken ließe – eine beeindruckende Zahl.
Energieeffizienzkriterien in der Qualitätssicherung berücksichtigen
Die positiven Auswirkungen auf Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz, die mit Green Coding erzielt werden können, sind erheblich – dies wird im Podcast anhand belastbarer Zahlen eindrucksvoll verdeutlicht. Die Frage allerdings, wie sich der Energieverbrauch einer Software überhaupt messen lässt, ist alles andere als trivial. Während sich das seitens der Hardware recht gut ermitteln lässt, gestalte sich nach Ansicht von Frank Gredel genau das im Programmierumfeld noch schwierig. Erste Ansätze hat PTA entwickelt. Um den Strombedarf bestehender Programmcodes zu ermitteln, haben die PTA-Experten einen Energieeffizienzmonitor entwickelt, mit dem sich solche Messgrößen bestimmen und optimieren lassen. Ein ganz entscheidender Erfolgsfaktor sind demnach Energieeffizienzkriterien, die im Zuge der Qualitätssicherung bei der Softwareentwicklung unbedingt zu berücksichtigen sind, damit Code auch konsequent nachhaltig programmiert wird. Künftig, so Frank Gredel, gelte neben den klassischen Qualitätskriterien – etwa ob die entwickelte Softwarelösung alle Funktionalitäten erfüllt, den Anforderungen entspricht oder die Anwender benutzerfreundlich führt – eben auch das Kriterium, ob diese auch nachhaltig, grün und damit ressourcenschonend programmiert ist.
Programmieren für die Zukunft: Gute Beispiele gibt es schon im Ansatz
Die Entwicklung und Programmierung mobiler Apps, die sich effizient und Akku-schonend betreiben lassen, zeigen im Ansatz nach Ansicht von Frank Gredel auf, wie sich Green Coding flächendeckend etablieren könnte. Viele Faktoren sind aber ausschlaggebend dafür, dass eine Software auch wirklich nachhaltig und energieeffizient entwickelt und programmiert wird. Was viele nicht wissen: Die dafür verwendete Programmiersprache ist beispielsweise ganz entscheidend. So ist ein Programm, welches in der alten Sprache C entwickelt wurde, etwa um den Faktor 75 energieeffizienter als ein Code, der in der modernen Programmiersprache Python geschrieben wurde, da diese doch sehr komplex aufgebaut und genau deswegen auch sehr speicherintensiv ist. Längst ist Python aber gerade bei den jüngeren Entwicklergenerationen gängige Praxis. Die Programmierer, die sich in C gut auskennen, werden hingegen immer rarer. Neben der reinen Entwicklung lohnt sich auch immer, einen Blick auf die zugrundeliegende Softwarearchitektur und die verwendete IT-Plattform zu werfen. Hier geht es insbesondere darum, überdimensionierte IT-Infrastrukturen zu vermeiden, falsche Konfigurationen zu eliminieren und versteckte Infrastruktur nicht außer Acht zu lassen. Und auch die Energieoptimierung der verwendeten Datenbanken und Speicher ist in diesem Zusammenhang wichtig.
Der Weg hin zum breiten Einsatz energieeffizienter und nachhaltiger Software ist weit
Die Auswirkungen von der Klima- und Energiekrise, Ressourcenknappheit und steigende Preise erhöhen den Handlungsdruck in den Unternehmen. Hinzu kommen EU-weite Gesetze und Regularien, die den Verantwortlichen auferlegen, einen Nachweis darüber zu führen, ob ihr wirtschaftliches Handeln auch als ökologisch nachhaltig einzustufen ist. Gleichwohl, dessen ist sich Frank Gredel sicher, ist das Mindset in den Unternehmen über die vielfältigen Optionen, die Green Coding eröffnet, um Software emissionsärmer und nachhaltiger zu entwickeln, noch nicht sehr ausgeprägt. Viele verfolgen mit Interesse, welche Ansätze existieren, um mit dem richtigen Coding ihre eingesetzte Software tatsächlich „grün“ zu gestalten. In der Praxis kommt aber vieles einfach noch nicht in Gänze an. Nach Ansicht von Frank Gredel gibt es hier noch Einiges an Überzeugungsarbeit zu leisten – die sich allerdings für uns alle auszahlt, auch wenn der Weg zu einer klimaneutralen, grünen IT noch ein langer sein wird.
Um das Thema Nachhaltigkeit und ESG-Reporting kommt jedenfalls künftig kein Unternehmen mehr herum. Umso wichtiger ist es, sich der Tragweite bewusst zu werden und die Weichen bereits heute zu stellen. Wenn Sie sich umfassend zum Thema Green Coding informieren möchten und sich einen Überblick über die Dimensionen verschaffen wollen, die dieses Zukunftsthema ohne Zweifel einnimmt, dann hören Sie den Handelsblatt-Podcast „So klingt Wirtschaft“:
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