27. Juli 2023

Jetzt die Weichen für die Zukunft stellen: Nachhaltigkeits­reporting bald für viele Unternehmen verpflichtend

Interview zum Thema “Nachhaltigkeitsreporting” mit Dr. Tim Walleyo

Am 5. Januar 2023 ist sie in Kraft getreten: die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Die EU-Richtlinie verschärft die Anforderungen der nichtfinanziellen Berichterstattung. Mittelfristig werden dadurch deutlich mehr Unternehmen verpflichtet, ein Nachhaltigkeitsreporting zu erstellen. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen stellt dies vor enorme Herausforderungen. Was ein professionelles Nachhaltigkeitsmanagement überhaupt ausmacht, welche Kriterien Unternehmen erfüllen und was Unternehmensverantwortliche dabei berücksichtigen müssen, erläutert Dr. Tim Walleyo, Geschäftsführer der PTA IT-Beratung, im vorliegenden Interview.

Herr Walleyo, alle Welt redet momentan über das Thema Nachhaltigkeit. Aber wo liegen denn überhaupt die Ursprünge nachhaltigen Wirtschaftens? Bitte geben Sie uns doch eine kurze Standortbestimmung.

Der Ursprung des Nachhaltigkeitsbegriffes ist ja alles andere als neu. Er fußt in der deutschen Forstwirtschaft und reicht bis in die Kursächsische Forstverordnung aus dem Jahre 1560 zurück, die besagte, dass nur so viel Holz einzuschlagen sei, wie auch nachwachsen kann. Schon damals beschäftigte die Verantwortlichen also der Ansatz, wie Nachhaltigkeit den Anforderungen einer momentan lebenden Generation entsprechen kann, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden.

Und was bedeutet das für das unternehmerische Handeln von heute?

Das bedeutet, dass Unternehmen eine Umwelt- und Sozialorientierung in alle Aspekte ihres Handelns integrieren müssen. Der Erfolg wird also künftig nicht mehr nur anhand ökonomischer Werte bemessen, sondern auch in Bezug darauf, welchen Mehrwert ein Unternehmen in der sozialen und natürlichen Umwelt leistet. Betrachten wir die aktuellen Entwicklungen auf EU-Ebene – mit Inkrafttreten der CSRD sowie der Einführung einer Rechenschaftspflicht von ESG-(Environment, Social and Governance)-Themen – wird der regulative Druck auf die Unternehmen definitiv zunehmen. Mit der Taxonomie-Verordnung für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten, welche die EU gerade verhandelt, entsteht ein Rahmenwerk, mit dem künftig verbindlich geregelt wird, ob und in welchem Ausmaß bestimmte Wirtschaftstätigkeiten als ökologisch nachhaltig einzustufen sind. Unternehmen sind also künftig verpflichtet, neue Berichts- und Transparenzpflichten einzuhalten.

Und welcher Kreis von Unternehmen ist davon betroffen?

Betroffen von dieser Richtlinie sind vorrangig alle EU-Großunternehmen, die zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen: Das Unternehmen beschäftigt mehr als 250 Angestellte, es erzielt mehr als 40 Millionen Euro Nettoumsatzerlöse oder hat eine Bilanzsumme von 20 Millionen Euro. Allein in Deutschland wird das in den nächsten Jahren auf rund 15.000 Unternehmen zutreffen und eine Berichtspflicht wird in der Regel ab dem Geschäftsjahr 2025 gelten. Es ist davon auszugehen, dass sich die EU-Vorgaben in Zukunft weiter verschärfen werden. Im darauffolgenden Jahr werden auch kleine und mittlere kapitalmarktorientierte EU-Unternehmen in die Regelung aufgenommen. Auch Unternehmen außerhalb der Europäischen Union, die mehr als 150 Millionen Euro Umsatz in der EU erwirtschaften, mindestens eine Zweigniederlassung oder Tochtergesellschaft in der EU betreiben und bestimmte Schwellenwerte überschreiten, sind künftig von der Berichtspflicht betroffen.

Wie gehen Sie mit diesem Thema eigentlich in der PTA-Gruppe um?

Wir haben frühzeitig in der Geschäftsführung beschlossen, dass wir bei PTA selbst ein Nachhaltigkeitsmanagementssystem etablieren. Im Rahmen dessen haben wir auch schon unsere Ziele zur Dekarbonisierung und die damit verbundenen Einsparungen von CO2-Emissionen an unsere Mitarbeiter und Kunden kommuniziert. Um das Thema im Unternehmen fest und solide zu verankern, haben wir uns einem Rating von Ecovadis, dem weltweit größten und zuverlässigsten Anbieter von Nachhaltigkeitsbewertungen, unterzogen. So können wir genau bestimmen, wo wir in Sachen Nachhaltigkeit stehen und an welchen Stellschrauben wir noch drehen müssen, um uns weiter zu verbessern. Selbst als kleines mittelständisches Unternehmen sind wir auf diese Weise in der Lage, die operativen Hindernisse und Unklarheiten sehr gut nachvollziehen zu können. Von diesen Erkenntnissen profitieren auch unsere Kunden, indem unser erfahrenes Projekt-Team diese unterstützt und das gewonnene Wissen in unsere Beratungsprojekte einbringt.

Die Vorgaben sind demnach komplex. Vor welche Herausforderungen stellt das die Unternehmensverantwortlichen?

Zunächst einmal wird die Berichtspflicht eine weitere Aufgabe sein, die sich zu den ohnehin mannigfaltigen To-dos in den Leitungsebenen hinzugesellt. Insbesondere kleinere und mittelständische Unternehmen stellt dies vor Herausforderungen. Die ESG-Regulierung steckt noch in den Kinderschuhen und sie ist schon jetzt sehr komplex. Sie sind deshalb gut beraten, die Weichen jetzt zu stellen, um rechtzeitig nach dem Auslaufen der Übergangsfristen auskunftsfähig zu sein. Wer die Berichtspflicht ignoriert oder ihr unzureichend nachkommt, wird wohl mit empfindlichen Strafen rechnen müssen. Es liegt nahe, dass zahlreiche mittelständische Unternehmen vor dem Hintergrund begrenzter Ressourcen die neuen Richtlinien zunächst vor allem als lästige Pflicht empfinden. Ich bin der Überzeugung, dass sie gut daran tun, die erforderlichen Darlegungspflichten gewissenhaft zu erfüllen, dies auch als Chance zu begreifen und das Thema Nachhaltigkeit in ihre Unternehmensstrategie einzubetten.

An welchen Stellen sollten Unternehmen ansetzen, um den damit verbundenen Workload zu minimieren?

Wir beraten unsere Kunden dahingehend, integrierte Managementsysteme und Reporting-Tools zu nutzen und die passenden Schnittstellen dafür bereitzustellen, die wir bei Bedarf einrichten. Das Datenmanagement wird eine der größten, wenn nicht sogar die größte Herausforderung für Unternehmen bei der Erstellung von ESG-Reportings sein. Deshalb ist eine integrierte Infrastruktur sehr hilfreich und reduziert die Komplexität: Die gesteckten Ziele lassen sich transparenter nachverfolgen und die dafür notwendigen Maßnahmen besser tracken. Kennzahlen, die zu messen und zu berichten sind, lassen sich auf diese Weise ohne großen Aufwand aus verschiedenen Quellsystemen mittels Data Lakes zusammentragen, da sämtliche Kernprozesse automatisiert ablaufen. Das spart Zeit, Geld und entlastet das Management. Die gewonnenen Daten lassen sich zudem übersichtlich in Dashboards visualisieren. Als mittelständisches IT-Beratungshaus haben wir uns zudem entschlossen, unsere Expertise mit dem Know-how unserer Partner des Steinbeis-Verbundes und den Management- und Unternehmensberatern von PwC zu bündeln. Unsere Kunden profitieren bei Bedarf so von einer methodischen Nachhaltigkeitsberatung und werden mit dem nötigen Rüstzeug ausgestattet.

Worauf ist beim ESG-Reporting aus Ihrer Sicht besonders zu achten?

Das ESG-Reporting stellt die Unternehmen bereits jetzt vor große Herausforderungen, da Nachhaltigkeit schwer zu messen ist. Das liegt in der Natur der Sache. Eine hohe Datenqualität ist ein zentraler Erfolgsfaktor. Da aber die erforderlichen Daten oft in isolierten Silos im Unternehmen verteilt oder manuell in Excel-Tabellen dokumentiert sind, ist es schwierig, ein belastbares und integriertes Abbild der ESG-Gewinne und -Auswirkungen zu erstellen. Deshalb sind Data Lakes so wichtig. Ohne eine zentrale Instanz, in der Finanz- und Nachhaltigkeitsdaten zusammenlaufen, kann keine klare Verbindung zwischen ESG-Maßnahmen und finanziellen Kennzahlen hergestellt werden. Unternehmensverantwortliche sollten ein gutes Gespür dafür entwickeln, wie wichtig ein integriertes Management in diesem Kontext ist. Die meisten Elemente des ESG-Reportings basieren im Grunde auf einem angemessenen Risikomanagement. Allerdings lassen sich Risiken nicht managen, wenn ein Unternehmen gar nicht um diese weiß. Ohne klare Maßgaben und Strukturen fällt es schwer, die erforderlichen Daten konsistent, vergleichbar und nachprüfbar zu sammeln – von strategischen Entscheidungen ganz zu schweigen. Eine gelebte, unternehmensweite Risikomanagementstrategie und der Einsatz eines integrierten Reporting-Tools, die ESG-Risiken mittels klar definierter Key-Performance-Indikatoren überwacht und auswertet, sind nicht nur für das Nachhaltigkeits-Reporting, sondern auch für die Nachhaltigkeitsplanung wichtig.

Gibt es denn schon leistungsfähige IT-Lösungen für das Nachhaltigkeitsreporting?

Renommierte Softwarehersteller wie Microsoft oder SAP haben bereits standardisierte Reporting-Lösungen auf den Markt gebracht. Mit dem Microsoft Sustainability Manager oder dem SAP Sustainability Control Tower, kurz SAP SCT, stehen den Unternehmen leistungsfähige IT-Lösungen zur Verfügung. Finanzielle sowie Nachhaltigkeits- und Governance-Kennzahlen lassen sich damit exakt überwachen und steuern. Diese integrierten Lösungen haben den Vorteil, dass sie problemlos in ein ganzes Ökosystem an Nachhaltigkeitslösungen eingebettet werden können und den Unternehmen den Aufbau einer Nachhaltigkeitslösung aus einem Guss ermöglichen. Auf Kundenwunsch entwickeln wir aber ein ESG-Dashboard auch individuell und sind damit in der Lage, ganz spezifische Anforderungen von kleinen und mittelgroßen Unternehmen zu erfüllen. Das dafür notwendige IT-Wissen und die erforderliche Prozesskompetenz bringen wir aus unserer über 50 Jahre andauernden Erfolgsgeschichte als mittelständische IT-Beratung mit.

Portrait von Dr. Tim Walleyo

Dr. Tim Walleyo

Mitglied der Geschäftsführung

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